Die fetten Jahre sind vorbei, der Mangel eskaliert
Mit Spannung wartet Harry Ehing aus Engen auf den 13. Januar 2017. Für ihn als Bezirks-Schiedsrichterobmann steht dann die Frage im Fokus, wieviele Teilnehmer zur Ausbildung neuer Unparteiischer den Weg ins Stockacher Nellenburg-Gymnasium finden. Dort beginnt um 19.30 Uhr der Lehrgang, der einmal mehr helfen soll, die größten Löcher zu stopfen. Dreimal am Freitagabend (13., 20., 27. Januar), zweimal am Samstag ganztags (14. und 21. Januar) werden Regeln gepaukt und Fragen beantwortet, der dritte Samstag (28. Januar) ist der Prüfungstag, an dem möglichst viele neue Schiris den Ausweis erhalten sollen.
Interessant ist es, auf dem Fußballplatz diejenigen mal direkt anzusprechen, die mit Beleidigungen und Drohungen „die größte Lippe“ gegen den Schiedsrichter riskieren – es folgt beinahe reflexartig eine aggressive, oft schon körperlich bedrohliche Antwort. Der Aufforderung, doch selbst die Ausbildung zu absolvieren und sich dann auf dem Sportplatz als besserer Spielleiter zu beweisen, folgt standardmäßig der Satz: „So blöd müsste ich gerade noch sein!“ Wenn es nicht so traurig wäre, dann könnte man direkt darüber lachen, denn diese Leute werden es nie begreifen, welchen Schaden sie dem Fußballsport zufügen. Da müssen sich Jugendliche von Erwachsenen, die altersmäßig gut und gerne ihre Großeltern sein könnten, unflätig beschimpfen und attackieren lassen mit Worten und Taten, die man den eigenen Enkeln nie durchgehen lassen würde. Und am Ende fehlt dann auch noch jegliches Schuldbewusstsein. Ebenso lässt sich nicht leugnen, dass das Verhalten auf dem Platz selbst, der Umgang zwischen den Spielern und gegenüber dem Unparteiischen teils unsägliche Formen annimmt.
Ein Patentrezept, was man dagegen unternehmen kann, gibt es nicht. Daran ändern auch die Anstrengungen der Verbände nicht. Tatsache jedenfalls ist, dass selbst im Bezirk Bodensee der Schiedsrichtermangel eskaliert, obwohl man dieses Wort hier vor wenigen Jahren noch gar nicht kannte. Spiele nicht mehr mit offiziellen Spielleitern zu besetzen, das sind die ersten Folgen. Dass es am Bodensee bislang „nur“ ein paar Jugendstaffeln getroffen hat, ist kein Trost, denn gerade hier sollte die Grundlage für ein respektvolles Miteinander gelegt werden. In anderen Bezirken sind auch die Aktiven schon davon betroffen, dass kein Schiedsrichter mehr kommt.
Nicht verschweigen sollte man allerdings, dass auch die Einstellung der Schiedsrichter zu ihrem Hobby deutliche Dellen bekommen hat durch die Schnelllebigkeit der Zeit und das veränderte Freizeitverhalten der jungen Leute. Der unbedingte Willen, sich für das schwierige Amt voll und ganz einzusetzen, ist nicht immer gegeben. Schnell wird auch die Pfeife wieder an den Nagel gehängt, wenn es Probleme gibt.
Die Teilnehmerzahlen der SR-Ausbildung gehen beängstigend in den Keller. Die fetten Jahre mit bis zu siebzig (!) neuen Referees pro Lehrgang sind schon längst vorbei, heute freut man sich über 25 Absolventen. So ist es nicht verwunderlich, dass die Zugänge die Zahl der Abgänge schon längst nicht mehr ausgleichen können. Trotzdem gehen die Verantwortlichen der SR-Vereinigung Bodensee unverdrossen ans Werk, auch für Januar 2017 wieder genügend Interessenten einzuwerben. Teilnehmer müssen spätestens im April 2017 das 14. Lebensjahr vollenden, das Höchstalter beträgt 45 Jahre. Schriftliche Anmeldungen sind an Bezirks-SR-Obmann Harry Ehing, Auf Löbern 21 in 78234 Engen-Welschingen, Tel. 07733/ 1780, Fax 07733/977710, harryehing@hegaudata.de, zu richten, der auch für Anfragen zur Verfügung steht. Das Anmeldeformular kann auch von der SBFV-Homepage heruntergeladen werden.