Die nachstehenden Fragen und Antworten wurden der DFB-SR-Zeitung Nr. 6/2020 entnommen.
Situation 1
Bei der Strafstoß-Ausführung bewegt sich der Torhüter mit beiden Füßen zu früh von der Linie. Er steht zum Zeitpunkt des Schusses circa zwei Meter vor der Linie. Der Schütze schießt den Ball gegen den Torpfosten, von wo er ins Toraus fliegt. Entscheidung des Schiedsrichters?
Lösung 1
Abstoß.
Situation 2
Der Torhüter bewegt sich beim Strafstoß mehrere Meter nach vorne und springt dabei auf und ab. Dadurch irritiert er den Schützen, sodass dieser den Ball am Tor vorbeischießt. Wie entscheidet der Schiedsrichter?
Lösung 2
Wiederholung des Strafstoßes; Ermahnung des Torhüters. In beiden Fällen (Situationen 1 und 2) bewegt sich zwar der Torhüter mit beiden Füßen zu früh von der Linie, jedoch beeinflusst er damit nur in Situation 2 den Schützen. Somit ist nur in diesem Fall auf Wiederholung zu entscheiden (sofern der Ball nicht ins Tor geht). So lange es sich um das erste Vergehen des Torhüters handelt, wird er nicht verwarnt.
Situation 3
Aufgrund einer Verletzung hat der Schiedsrichter das Spiel unterbrochen und setzt es nun mit Schiedsrichter-Ball fort. Als er den Ball aus Brusthöhe im Beisein eines Spielers der Mannschaft, die zuvor am Ball war, fallen lässt, nähert sich der Gegenspieler mit schnellen Schritten, noch bevor der Ball den Boden berührt hat. Daraufhin kommt es zum Zweikampf zwischen beiden Spielern. Wie reagiert der Referee?
Lösung 3
Wiederholung des Schiedsrichter-Balls, Verwarnung.
Situation 4
Bei einem Einwurf verkürzt der Abwehrspieler den Abstand zum einwerfenden Spieler auf weniger als zwei Meter, bevor dieser den Ball ins Spiel gebracht hat, und hält dann den eingeworfenen Ball mit der Brust auf. Wie entscheidet der Unparteiische?
Lösung 4
Indirekter Freistoß für den einwerfenden Spieler; Verwarnung für den Gegenspieler. Der Einwurf ist die einzige Spielfortsetzung, bei der die Abstandsver letzung zusätzlich zur Verwarnung zu einem indirekten Freistoß statt zur Wiederholung der Spielfortsetzung führt.
Situation 5
Der Torwart des Heimvereins spielt den Ball bei einer Abstoß-Ausführung mit dem Fuß zu seinem Verteidiger, der circa acht Meter neben ihm mittig vor dem Tor steht. Dieser jedoch hat davon nichts mitbekommen. Da raufhin läuft der Stürmer, der zuvor außerhalb des Strafraums stand, nach der Ausführung des Abstoßes hinzu. Als der Torhüter erkennt, dass der Stürmer den Ball nur noch einzuschießen braucht, läuft er dem Ball hinterher und schießt ihn mit einer zweiten Berührung ins Seitenaus – unmittelbar bevor der Stürmer zum Torerfolg verwandeln kann. Entscheidungen des Schiedsrichters?
Lösung 5
Indirekter Freistoß wegen zweimaligem Spielen des Balles nach einer Spielfortsetzung; Feldverweis für den Torwart wegen der Verhinderung einer klaren Torchance.
Situation 6
Der Torwart fängt im Spiel eine weite Flanke ab und wartet darauf, dass seine Spieler in Position laufen. Da er keine Anspielstation findet, legt er den Ball vor sich hin und will ihn mit dem Fuß weit in die gegnerische Hälfte spielen. Als er jedoch merkt, dass sich von der Seite ein Spieler nähert, den er zuvor übersehen hat und der den auf dem Boden liegenden Ball nur noch ins Tor schießen muss, springt er in Richtung Ball und nimmt diesen mit den Händen auf, bevor der Stürmer einschießen kann. Wie entscheidet der Referee?
Lösung 6
Indirekter Freistoß wegen zweimaligem Spielen des Balles; keine Persönliche Strafe. Der Unterschied zur Situation 5 liegt darin, dass es sich hier nun um ein zweimaliges unerlaubtes Spielen „während des Spiels“ handelt – und nicht wie in Situation 5 „nach einer Spielfortsetzung“. Der Regeltext schreibt vor, dass nur nach zweimaligem Spielen nach einer Spielfortsetzung die Persönliche Strafe gegen den Torwart ausgesprochen wird.
Situation 7
Ein Auswechselspieler wartet auf seine Einwechslung. Währenddessen sieht er, dass ein Stürmer der gegnerischen Mannschaft an der Außenlinie frei durchlaufen kann. Der Auswechselspieler läuft nun unangemeldet auf das Spielfeld und hält diesen Spieler mit einem verwarnungswürdigen Foulspiel fest. Er verhindert mit dieser Aktion zwar keine klare Torchance, zumindest aber einen verheißungsvollen Angriff. Wie entscheidet der Schiedsrichter?
Lösung 7
Direkter Freistoß; „Gelb“, „Gelb/Rot“.
Situation 8
Ein Spieler verkürzt den Abstand beim Frei-stoß auf weniger als 9,15 Meter, bevor der Ball im Spiel ist, und hält anschließend den auf das Tor geschossenen Ball mit einem strafbaren Handspiel etwa 20 Meter vor dem Tor in zentraler Position auf. Wie entscheidet der Schiedsrichter?
Lösung 8
Direkter Freistoß, Verwarnung. Im Gegensatz zur vorherigen Situation 7 wird hier kein „Gelb/Rot“ ausgesprochen, obwohl neben dem zu frühen Vorlaufen auch noch ein strafbares Handspiel vorliegt. Da beide Vergehen absolut zeitgleich sind, wird das schwerere Vergehen in diesem Fall geahndet. Bei der Situation 7 war es so, dass die Gelbe Karte bereits feststand, als der Spieler das Spielfeld betreten hatte, und dass er dann zusätzlich ein weiteres zeitlich getrenntes Vergehen begangen hat. Somit war er in diesem Fall zweimal zu verwarnen.
Situation 9
Ein Verteidiger versucht, einen aussichtsreichen Angriff im Bereich der Mittellinie zu unterbinden. Dabei hält er den Gegner kurz am Trikot fest. Dieser jedoch reißt sich los, läuft weiter und kann den Angriff fortsetzen. Wie entscheidet der Unparteiische?
Lösung 9
Weiterspielen, keine Persönliche Strafe.
Situation 10
Einen aussichtsreichen Angriff versucht ein Verteidiger im Bereich der Mittellinie mit einem rücksichtslosen Fußeinsatz zu verhindern. Da der Stürmer weiterspielen kann, entscheidet der Schiedsrichter auf Vorteil. Was muss der Schiedsrichter in der nächsten Spielunterbrechung tun?
Lösung 10
In der nächsten Spielunterbrechung verwarnt der Schiedsrichter den Spieler, da es sich bei dessen Vergehen nicht um ein taktisches Vergehen handelt – das einer Reduzierung unterliegt, wie zum Beispiel eine Notbremse oder ein Unterbinden eines vielversprechenden Angriffs –, sondern um ein rücksichtsloses Foul, welches aufgrund der Schwere sanktioniert wird. Bei solchen Vergehen findet keine Reduzierung der Persönlichen Strafe statt.
Situation 11
Nachdem der Schiedsrichter das Spiel zum Anstoß freigegeben und die Mannschaft den Ball nach vorne gespielt hat, läuft der Spielführer am Schiedsrichter vorbei und beleidigt ihn mit den Worten: „Pfeif bloß nicht wieder so einen Scheiß, du Depp!“ Daraufhin unterbricht der Unparteiische das Spiel. Wie muss er entscheiden?
Lösung 11
Indirekter Freistoß, Feldverweis.
Situation 12
Unmittelbar nachdem der Schiedsrichter den Ball zu Spielbeginn mit Pfiff freigegeben hat, dreht sich der Spieler, der zur Ausführung bereitsteht, um und ruft dem Schiedsrichter zu: „Pfeif bloß nicht wieder so einen Scheiß, du Depp!“ Dann spielt er den Ball nach vorne. Wie entscheidet der Referee?
Lösung 12
Wiederholung Anstoß, Feldverweis. Da zum Zeitpunkt des Vergehens das Spiel noch nicht begonnen hatte (der Pfiff startet lediglich die Zeit und gibt die Zustimmung seitens des Schiedsrichters dazu), ist der Anstoß zu wiederholen. Der Spieler ist zwar des Feldes zu verweisen, aber die Mannschaft kann sich wieder auf elf Spieler vervollständigen, ohne dass das Auswechselkontingent dadurch belastet wird.
Situation 13
Ein allein auf den Torwart zulaufender Spieler wird vom Verteidiger innerhalb des Strafraums, etwa 15 Meter vor dem Tor, durch ein Beinstellen zu Fall gebracht. Der Verteidiger versucht dabei zwar, den Ball zu spielen, trifft allerdings nur den Fuß des Angreifers. Wie entscheidet der Schiedsrichter?
Lösung 13
Strafstoß, Verwarnung. Da es sich um ein ballorientiertes und fußballspezifisches Vergehen handelt, wird innerhalb des Strafraums die Persönliche Strafe für die Verhinderung einer klaren Torchance von „Rot“ auf „Gelb“ reduziert.
Situation 14
Ein allein auf das Tor zulaufender Stürmer wird vom Verteidiger etwa 15 Meter vor dem Tor, also innerhalb des Strafraums, in zentraler Position durch ein kurzes Halten am Trikot derart behindert, dass er den Ball nicht mehr kontrolliert spielen kann. Wie entscheidet der Unparteiische?
Lösung 14
Strafstoß, Feldverweis. Hier findet keine Reduzierung der Persönlichen Strafe wie in Situation 13 statt, da es sich nun nicht um ein ballorientiertes und fußballspezifisches Vergehen handelt, sondern um ein klar gegnerorientiertes Halten. Bei diesem gibt es auch bei einer Strafstoß-Entscheidung keine Reduzierung der Persönlichen Strafe.
Situation 15
Ein allein auf das Tor zulaufender Angreifer hat in zentraler Position etwa 15 Meter vor dem Tor den Ball bereits am Torhüter vor-beigelegt. Dieser wiederum versucht, den Ball mit einem Hechtsprung noch zu erreichen, trifft mit seinen Händen allerdings nur den Angreifer am Fuß. Entscheidungen des Schiedsrichters?
Lösung 15
Strafstoß, Verwarnung. Die Persönliche Strafe wird bei dieser Notbremse auf „Gelb“ reduziert, da der Torhüter fußballspezifisch und zudem ballorientiert agiert. Er versucht, den Ball zu spielen, und er darf dies, anders als die Abwehrspieler, auch mit den Händen. Dieses Vergehen ist also nicht vergleichbar mit dem Halten eines Verteidigers.