Die nachstehenden Fragen und Antworten wurden der DFB-SR-Zeitung Nr. 4/2020 entnommen.
Situation 1
Nach einem Beinstellen der Nummer 8 des Gastvereins im Mittelfeld wird zunächst ein aussichtsreicher Angriff unterbunden. Da der gefoulte Spieler jedoch schnell wieder aufsteht und im Ballbesitz bleibt, entscheidet der Schiedsrichter auf Vorteil und der Angriff wird fortgesetzt. Wie entscheidet der Schiedsrichter bei der nächsten Spielunterbrechung in Bezug auf die Disziplinarmaß-nahme?
Lösung 1
Keine Disziplinarmaßnahme. Da der Schiedsrichter auf Vorteil entschieden hat, reduziert sich die Persönliche Strafe von der ursprünglich vorgesehenen Verwarnung für die Unterbindung eines aussichtsreichen Angriffs auf eben „keine Karte“ nach Gewährung eines Vorteils.
Situation 2
Strafstoß für die Heim-Mannschaft. Der Torhüter der Gäste bewegt sich klar zu früh nach vorne und ist zum Zeitpunkt des Schusses mit beiden Füßen deutlich vor der Torlinie. Der Schütze schießt den Ball neben das Tor. Welche Entscheidung trifft der Schiedsrichter?
Lösung 2
Abstoß. Da der Torhüter den Ball nicht abgewehrt und den Schützen auch nicht durch sein Verhalten derart gestört hat, dass man hier von einer klaren Beeinflussung ausgehen muss, bleibt das Verhalten des Torhüters straffrei. Es hatte keine Auswirkung auf die Strafstoß-Ausführung.
Situation 3
Ein Angreifer versucht, aus dem Halbfeld den Ball vor das Tor zu flanken. Dabei wehrt ein Verteidiger, der etwa 20 Meter vor dem Tor außerhalb des Strafraums steht, den Ball mit einem strafbaren Handspiel ab. Er kann allerdings nicht verhindern, dass der Ball dennoch zu einem im Abseits stehenden Angreifer gelangt, der nun wiederum eine gute Angriffsmöglichkeit hat. Entscheidung?
Lösung 3
Weiterspielen, kein Abseits. Da auch das unzulässige Spielen des Balles vom Verteidiger – hier durch ein strafbares Handspiel – als Spielen gilt, hebt dies die strafbare Abseitsstellung auf und der Schiedsrichter kann auf Vorteil entscheiden.
Situation 4
Strafstoß für den Gastverein. Der Schütze stoppt unmittelbar vor dem Schuss in der Ausholbewegung (unzulässiges Täuschen), der Torhüter bewegt sich jedoch auch zu früh von der Linie nach vorne und befindet sich mit beiden Füßen deutlich vor der Torlinie. So kann er den Ball abwehren. Wie entscheidet der Schiedsrichter?
Lösung 4
Indirekter Freistoß für die verteidigende Mannschaft; Verwarnung des Schützen. Obwohl beide Parteien ein Fehlverhalten an den Tag legen, wird nur der Schütze verwarnt, während der Torhüter straffrei ausgeht, da sein Verhalten durch das Täuschen ja erst initiiert wurde. Grundsätzlich gilt, dass bei Täuschen durch den Schützen der Strafstoß als verwirkt gilt und – unabhängig davon, ob er ein Tor erzielt oder nicht – das Spiel mit einem indirekten Freistoß fortgesetzt wird.
Situation 5
Bei einem Zweikampf im Torraum prallt der Ball vom Fuß des Verteidigers an den angelegten Arm eines Angreifers. Von diesem springt der Ball zu einem Mitspieler des Angreifers, der ihn direkt aus acht Meter Entfernung frei stehend zum Torerfolg verwandelt. Welche Entscheidung trifft der Unparteiische?
Lösung 5
Direkter Freistoß für den Verteidiger wegen Handspiels. Auch wenn es sich hier um ein grundsätzlich nicht strafbares Hand-spiel handelt, ist es in Verbindung mit der unmittelbaren Torerzielung durch die angreifende Mannschaft strafbar. In diesem Fall macht die Regel deutlich, dass das Wort „unmittelbar“ nicht nur den Spieler meint, der das Handspiel begeht und das Tor erzielt oder zu einer guten Torchance kommt, sondern auch einen Mitspieler, der unmittelbar danach an den Ball gelangt und dann eine gute Torchance besitzt oder ein Tor erzielt.
Situation 6
Vom angelegten Arm des Angreifers am Strafraumteilkreis prallt der Ball zu einem weiteren Angreifer. Dieser läuft in den Strafraum und kann, nachdem er mit dem Ball am Fuß zwei weitere Verteidiger und den Torwart ausgespielt hat, ein Tor erzielen. Wie entscheidet der Schiedsrichter in diesem Fall?
Lösung 6
Anstoß. Dieses Tor ist gültig, da es sich – anders als in der vorherigen Frage – nicht um eine unmittelbare Generierung einer klaren Torchance beziehungsweise eines Tores handelt. Stattdessen werden hier zunächst noch mehrere Spieler umspielt und erst danach entsteht die Torchance beziehungsweise die Torerzielung. Somit ist die Unmittelbarkeit nicht mehr gegeben.
Situation 7
Direkter Freistoß etwa sechs Meter vor dem eigenen Tor für die verteidigende Mannschaft. Der Torhüter spielt den Ball zu einem Mitspieler, übersieht dabei den heranlaufenden Gegenspieler, der erst in den Strafraum gelaufen war, als der Ball im Spiel war. Der Torhüter läuft dem von ihm gespielten Ball nach und erreicht ihn kurz vor dem Angreifer. Mit einem Hechtsprung kommt er an den Ball und kann ihn wegfausten, sodass der Angreifer den Ball nicht in das leere Tor schießen kann. Welche Entscheidungen muss der Schiedsrichter treffen?
Lösung 7
Indirekter Freistoß für den Angreifer, Feldverweis für den Torhüter, der durch die zweite und damit unerlaubte Ballberührung nach einer Spielfortsetzung eine offensichtliche Torchance verhindert – unabhängig davon, ob dies mit seiner Hand oder seinem Fuß geschieht.
Situation 8
Der Schiedsrichter entscheidet nach einer rücksichtslosen Fußattacke der Nummer 3, durch die zudem ein aussichtsreicher Angriff unterbunden wird, auf Vorteil für die angreifende Mannschaft. Der Angreifer bleibt in Ballbesitz und kann den Angriff fortsetzen.
Wie entscheidet der Schiedsrichter in der nächsten Spielunterbrechung in Bezug auf die Disziplinarmaßnahme?
Lösung 8
Verwarnung. Wäre das Vergehen „nur“ die Verhinderung eines aussichtsreichen Angriffs gewesen, hätte nach der Vorteil-Anwendung eine Reduzierung stattgefunden. Weil das Vergehen aber auch rücksichtslos war, wird nachträglich die Gelbe Karte gegeben.
Situation 9
In einem Pokalspiel wird der Torhüter während des Spiels wegen Kritik am Schiedsrichter verwarnt. Beim Elfmeterschießen läuft er frühzeitig nach vorne und steht beim Schuss mit beiden Füßen deutlich vor der Torlinie. Den auf das Tor geschossenen Ball kann er nach vorne abwehren. Wie verhält sich der Referee?
Lösung 9
Ermahnung des Torhüters. Der Torhüter wird beim ersten Vergehen nur ermahnt. Persönliche Strafen aus dem Spiel werden zudem auch nicht ins Elfmeterschießen übernommen.
Situation 10
Direkter Freistoß für die verteidigende Mannschaft knapp innerhalb des eigenen Strafraums. Der Ball wird vom Verteidiger flach Richtung Torhüter zurückgepasst, der Torhüter verpasst jedoch den Ball, setzt ihm nach und schlägt ihn mit einem Hechtsprung mit der Hand von der Torlinie Richtung Spielfeld zurück, damit der Ball nicht ins Tor rollen kann. Wie entscheidet der Schiedsrichter?
Lösung 10
Indirekter Freistoß auf der Torraumlinie, keine Persönliche Strafe. Weil der Verteidiger den Freistoß ausgeführt hatte, liegt kein zweimaliger Ballkontakt des Tor-warts vor. Und eine Doppelberührung ist das einzige Vergehen, bei dem ein Torwart für ein unerlaubtes Handspiel im Strafraum bestraft werden kann.
Situation 11
Ein Angreifer des Gastvereins schießt aus
20 Metern auf das gegnerische Tor. Der Ball trifft die Latte, platzt und bleibt ca. sechs Meter vor dem Tor auf dem Boden liegen. Der Schiedsrichter unterbricht das Spiel und entscheidet auf Schiedsrichter-Ball. Mit wem und wo wird der Schiedsrichter-Ball ausgeführt, welchen Abstand müssen alle anderen Akteure einhalten und was passiert, wenn diese den Abstand trotz Aufforderung missachten?
Lösung 11
Schiedsrichter-Ball mit dem Torwart dort, wo der Ball beschädigt wurde. Alle Akteure außer dem Torwart müssen einen Abstand von mindestens vier Metern einhalten. Bei Missachtung des Abstands wird der schuldige Spieler verwarnt.
Situation 12
Durch ein Foul im Mittelkreis wird ein aussichtsreicher Angriff gestoppt. Der gefoulte
Spieler steht schnell wieder auf, nimmt den Ball, legt ihn an den Tatort und spielt ihn seinem Mitspieler zu, der sich nicht in einer Abseitsposition befindet und der nun alleine auf das gegnerische Tor zulaufen kann. Wie entscheidet der Schiedsrichter, wenn er ursprünglich den foulenden Spieler für sein Vergehen verwarnen wollte?
Lösung 12
Weiterspielen, keine Persönliche Strafe. Im Zuge der schnellen Spielfortsetzung handelt der Schiedsrichter richtig, da er mit dem Prozedere der Verwarnung nicht begonnen hat und es sich jetzt zudem um eine klare Torchance handelt. Damit ist die schnelle Ausführung des Freistoßes richtig. Da es sich bei dem Vergehen nur um das Unterbinden eines aussichtsreichen Angriffs handelt, wird analog zur Vorteil-Anwendung die Persönliche Strafe für den Spieler reduziert, von „Gelb“ auf „keine Karte“.
Situation 13
Ein Spieler hat sich, nachdem er eine Flanke vor das gegnerische Tor geschlagen hat, der Abseitsposition dadurch entzogen, dass er über die Torlinie seitlich des Tores das Spielfeld verlassen hat. Als der Ball jedoch nach einem Schuss aufs Tor und nach der Abwehr durch den Torhüter wieder in seine Richtung gelangt, läuft er auf das Spielfeld und spielt den Ball. Wie muss der Schiedsrichter reagieren?
Lösung 13
Indirekter Freistoß und keine Persönliche Strafe, denn hier lebt nach der Torabwehraktion des Keepers nun die Abseitsstellung wieder auf. Wäre der Ball dagegen nach einem absichtlichen Ballspielen eines Verteidigers zu dem Angreifer gelangt, hätte der Schiedsrichter das Spiel nicht mehr wegen Abseits unterbrechen können. In diesem Fall hätte es „Gelb“ wegen unerlaubten Betretens gegeben und das Spiel wäre mit direktem Freistoß fortgesetzt worden.
Situation 14
In einem Entscheidungsspiel kommt es zum Elfmeterschießen. Ein Spieler, der während des Spiels wegen Kritik am Schiedsrichter verwarnt wurde, tritt beim Elfmeterschießen an, stoppt unmittelbar vor dem Schuss in der Schussbewegung (unzulässiges Täuschen) und erzielt in der weiteren Folge einen Treffer. Wie verhält sich der Schiedsrichter?
Lösung 14
Kein Tor, der Elfmeter gilt als verschossen, Verwarnung. Eine Verwarnung aus dem Spiel wird nicht ins Elfmeterschießen übernommen. Die Verwarnung für den Schützen ist im Gegensatz zum Torhüter – der beim ersten Vergehen nur ermahnt wird – jedoch auszusprechen.
Situation 15
In einem Spiel der Kreisliga erkennt der Schiedsrichter bei der Platzkontrolle, dass die Torlatte aus einem quadratischen Balken besteht, die Pfosten jedoch jeweils aus einer runden Stange. Alles ist sicher und gefahrlos befestigt. Welche Entscheidung trifft der Schiedsrichter?
Lösung 15
Der Schiedsrichter hat keine Veranlassung, tätig zu werden, da die Form der Torstangen unterschiedlich sein kann und auch eine Kombination von Formen zulässig ist. Allerdings immer unter der Prämisse: „Die Sicherheit und Gesundheit aller Beteiligten stehen im Vordergrund.“