Die nachstehenden Fragen und Antworten wurden der DFB-SR-Zeitung Nr. 5/2013 entnommen.
Situation 1
Ein Angreifer schlägt einen langen Pass nach vorne. Umgehend reagiert ein Verteidiger, geht zum Ball und will ihn volley aus der Luft wegschlagen. Er trifft den Ball aber nicht richtig, sondern dieser rutscht ihm lediglich über den Schuh und gelangt so abgefälscht zu einem Angreifer, der sich im Moment der Ballabgabe in Abseitsposition befand. Wie entscheidet der Schiedsrichter?
Lösung 1
Da dies ein bewusstes Spielen ist, auch wenn es verunglückt geschieht, ist doch hier die Aktion zum Ball seitens des Abwehrspielers klar zu erkennen. Dadurch kommt der Ball vom Gegner, und die Abseitsposition ist nicht strafbar. Weiterspielen ist die richtige Entscheidung.
Situation 2
Bei einem Zweikampf rutschen Angreifer und Verteidiger über die Torlinie neben dem Tor ins Aus. Der Ball bleibt im Spiel. Der Stürmer kommt zuerst wieder auf die Beine und will den Ball im Bereich der Eckfahne erreichen. Der Verteidiger hält ihn jedoch, noch außerhalb des Spielfelds, an der Hose fest und verhindert, dass der Stürmer an den Ball gelangt. Wie entscheidet der Schiedsrichter?
Lösung 2
Das Spiel wird mit einem Schiedsrichter-Ball fortgesetzt, da das Vergehen außerhalb des Spielfelds passiert und beide Spieler unabsichtlich bei einem Zweikampf über die Torlinie geraten sind. Der Verteidiger wird für das Halten verwarnt, da es in unsportlicher Absicht geschieht.
Situation 3
Der Angreifer ist durch und hat nur noch den gegnerischen Torwart vor sich. Der kommt aus seinem Tor heraus und wirft sich dem Angreifer innerhalb des Strafraums in torwarttypischer Manier entgegen. Dabei verfehlt er den Ball knapp mit den Händen und bringt stattdessen den Angreifer zu Fall. Entscheidungen?
Lösung 3
Strafstoß und „Rot“. Der Torwart vereitelt durch seinen Einsatz eine 100-prozentige Torchance. Ungeachtet dessen, dass der Torwart versuchte, den Ball zu spielen, ist er wie ein Feldspieler zu behandeln und wird demzufolge wegen der „Notbremse“ des Feldes verwiesen.
Situation 4
Der Angreifer mit der Nr. 10 steht etwa zwölf Meter vom Tor entfernt und etwa vier Meter hinter einem Abwehrspieler im Abseits, als der Ball von einem Mitspieler lang in seine Richtung gespielt wird. Der Spieler mit der Nr. 10 läuft in Position, greift dabei den Verteidiger aber nicht an, setzt ihn auch nicht unter Druck. Der Abwehrspieler versucht – im Wissen um den gegnerischen Spieler hinter ihm – den Ball zu klären und schießt ein Eigentor. Wie entscheidet der Schiedsrichter?
Lösung 4
Tor, Anstoß. Die Abseitsposition der Nr. 10 ist nicht strafbar, da er weder dem Torwart die Sicht nahm, noch den Gegner in einen Zweikampf verwickelte.
Situation 5
Ein Spieler führt einen Freistoß aus. Bei der Ausführung verspringt ihm der Ball wenige Meter. Daraufhin setzt er nach und spielt den Ball ein zweites Mal – allerdings direkt in die Beine des Gegners, der daraufhin einen Erfolg versprechenden Angriff starten kann. Wie entscheidet der Schiedsrichter?
Lösung 5
Weiterspielen, Vorteil. Auch bei regeltechnischen Vergehen ist der Vorteil möglich – vorausgesetzt, der Ball wurde korrekt ins Spiel gebracht.
Situation 6
Nach der Torerzielung für die Gast-Mannschaft, jedoch noch vor dem Anstoß, bemerkt der Schiedsrichter, dass sich der Auswechselspieler mit der Nr. 15 der Heim-Mannschaft ohne Anmeldung auf dem Spielfeld befindet. Nach Rücksprache mit seinem neutralen Assistenten bestätigt dieser, dass die Nr. 15 unmittelbar vor der Torerzielung der Gast-Mannschaft den Ball auch noch berührt hat. Wie entscheidet der Schiedsrichter?
Lösung 6
Das Tor kann nicht anerkannt werden, da bei einem äußeren Einfluss mit Ballberührung die Vorteil-Bestimmung nicht möglich ist. Somit muss es einen indirekten Freistoß und eine Verwarnung gegen den Auswechselspieler geben. Der Vorfall wird zudem ausführlich im Spielbericht beschrieben.
Situation 7
Bei einem Zweikampf an der Strafraumlinie kommen zwei Gegenspieler zu Fall. Da der Schiedsrichter nicht pfeift, nimmt der Abwehrspieler, der außerhalb des Strafraums liegt, den Ball aus Verärgerung in die Hand und wirft ihn in heftiger Weise nach dem Gegner, der knapp innerhalb des Strafraums liegt. Er verfehlt jedoch diesen Spieler. Daraufhin unterbricht der Schiedsrichter das Spiel. Wie entscheidet der Schiedsrichter?
Lösung 7
Strafstoß und Feldverweis. Werden zwei Vergehen von einer Mannschaft verübt, ist das schwerere Vergehen zu bestrafen. Ob der Spieler getroffen wird oder nicht, ist in diesem Fall unerheblich, hier ist auch der Versuch strafbar.
Situation 8
Einen langen Ball in die Mitte der Angriffshälfte versucht der Verteidiger wegzuköpfen. Der Kopfball misslingt, der Verteidiger kann den Ball nur noch abfälschen, der so zu einem abseits stehenden Spieler gelangt. Dieser erzielt ein Tor. Wie entscheidet der Schiedsrichter?
Lösung 8
Tor, Anstoß. Auch wenn die Aktion des Verteidigers misslungen ist – er den Pass nicht verhindern, sondern den Ball nur abfälschen konnte – handelt es sich um eine bewusste, geplante Aktion. Demzufolge liegt ein Zuspiel des Verteidigers vor; die ursprüngliche Abseitsposition ist nicht mehr strafbar.
Situation 9
Nach einer verunglückten Eckstoß-Ausführung verlässt der Ball das Spielfeld über die Torlinie, bevor er den Eckviertelkreis verlassen hat. Welche Entscheidung trifft der Schiedsrichter?
Lösung 9
Der Schiedsrichter entscheidet auf Abstoß. Der Ball ist beim Eckstoß im Spiel, wenn er sich bewegt hat. Der Viertelkreis dient nur zur Orientierung für die Lage des Balles – nicht aber, um festzustellen, ob der Ball im Spiel ist oder nicht.
Situation 10
Freistoß 25 Meter zentral vor dem gegnerischen Tor. Unmittelbar nach der Freistoß-Ausführung springt im Strafraum ein Verteidiger in der „Mauer“ hoch und wehrt den Torschuss mit dem auf Kopfhöhe gehaltenen Arm ab. Entscheidung des Schiedsrichters?
Lösung 10
Strafstoß wegen absichtlichen Handspiels. Da der Verteidiger mit dem Handspiel einen Torschuss abwehrte, muss der Spieler zusätzlich verwarnt werden.
Situation 11
Ein Abwehrspieler bekommt im eigenen Strafraum einen Freistoß zugesprochen. Er entschließt sich, diesen schnell auszuführen, bevor sein Gegenspieler den Strafraum verlassen hat. Wie reagiert der Schiedsrichter darauf?
Lösung 11
Der Schiedsrichter lässt weiterspielen, wenn der Gegenspieler den Ball nicht berührt, bevor dieser den Strafraum verlassen hat. Hier wird unter Berücksichtigung der Vorteil-Bestimmung weitergespielt, da die eigentliche Freistoß-Ausführung korrekt war, auch wenn nicht alle Voraussetzungen dafür erfüllt waren. Dennoch gilt auch hier, die Wirkung abzuwarten. Erst wenn ein Nachteil daraus entsteht, muss der Schiedsrichter zurückpfeifen.
Situation 12
Wegen einer Verletzung begibt sich ein Abwehrspieler an der Eckfahne in Behandlung. Dabei steht er mit einem Bein im Spielfeld und mit dem anderen Bein außerhalb. Nun bekommt auf Höhe des Elfmeterpunkts ein Angreifer des Gegners den Ball von seinem Mitspieler zugespielt und hat nur noch den Torwart des verletzten Abwehrspielers vor sich. Wie entscheidet der Schiedsrichter?
Lösung 12
Weiterspielen. Da der Spieler sich mit einem Fuß im Spielfeld befindet, wird er als auf dem Spielfeld stehend bewertet und hebt somit die Abseitsstellung auf.
Situation 13
Unmittelbar vor dem Tor wehrt der Abwehrspieler in höchster Not einen Schuss mit Spreizschritt von der Torlinie ab. Der Torwart befindet sich auf Höhe des Elfmeterpunkts. Der Ball gelangt zu einem im Abseits stehenden Angreifer, der unmittelbar darauf ein Tor erzielt. Wie entscheidet der Schiedsrichter?
Lösung 13
Abseits. Der Ball wird zwar bewusst durch den Abwehrspieler gespielt und gelangt zum Angreifer. Jedoch sprechen wir hier von einer Torabwehraktion des Verteidigers, bei der er dem Torwart gleichgestellt ist.
Situation 14
Ein scharf geschossener Ball auf das Tor wird vom Torwart mit einer Faustabwehr zum abseits stehenden Spieler geboxt. Dieser nimmt den Ball an, jeder rechnet mit dem Abseitspfiff. Muss der Schiedsrichter in diesem Fall auf Abseits entscheiden?
Lösung 14
Ja. Der Ball wird vom Torwart abgewehrt, der Angreifer zieht aus seiner Abseitsposition einen Vorteil.
Situation 15
Ein Angreifer nimmt den Ball zum Einwurf auf und wirft ihn mit Vehemenz auf einen Gegenspieler. Der Einwurf wird dabei korrekt ausgeführt. Der Gegenspieler bückt sich gedankenschnell, und der Ball trifft einen hinter ihm stehenden Mitspieler des einwerfenden Akteurs. Wie entscheidet der Schiedsrichter?
Lösung 15
Auch wenn hier letztendlich der Mitspieler getroffen wird, so war die eigentliche Aktion klar gegen den Gegner gerichtet. Ob dieser getroffen oder verfehlt wird, ist in diesem Fall zweitrangig, schon der Versuch ist strafbar. Da der Einwurf korrekt ausgeführt wurde, kann es hier nur einen direkten Freistoß geben an dem Ort, wo der Gegenspieler getroffen werden sollte. Der Spieler ist des Feldes zu verweisen.