Was macht eigentlich...Mirko Benischke?
DruckversionPDF-VersionVon Südbaden nach Neuseeland
05.11.2019 | 10:27 Uhr
Hallo Mirko, Du warst als Schiedsrichter in Südbaden lange Jahre in der Verbands- und Oberliga Baden-Württemberg unterwegs. Wohin hat es Dich verschlagen und bist Du immer noch als Schiedsrichter aktiv?
Ich habe 2009 Südbaden in Richtung Neuseeland verlassen. Dort habe ich insgesamt 6 Jahre verbracht (Studium), bevor es mich 2014 wieder nach Europa verschlagen hat. Jetzt arbeite und wohne ich in Rotterdam bei unseren niederländischen Nachbarn. Seit meiner Rückkehr nach Europa bin ich nicht mehr als Schiedsrichter aktiv, sondern verfolge das Geschehen nur noch vorm Fernseher.
Und was machst Du beruflich?
Ich arbeite an der Erasmus Universität in Rotterdam, wo ich die neue Generation an Studenten im Fach BWL unterhalte…
Hast Du noch Kontakt in die alte Heimat?
Leider nicht mehr so viel, da ich nicht so oft zu Besuch in die Heimat komme. Aber ich bin noch in mehr oder weniger regelmäßigem Kontakt mit dem ein oder anderen aus der Heimat.
Und wie war das mit der Champions-League in Ozeanien?
Ich war doch sehr positiv überrascht wie ich von den Schiedsrichtern und den Offiziellen in Neuseeland aufgenommen wurde. So hatte ich zum Beispiel das Glück dass ich während meiner Zeit in Neuseeland insgesamt vier Champions-League Spiele in Ozeanien leiten durfte. Im Rahmen dieser Ansetzungen durfte ich nach Vanuatu, Fidschi, und Tahiti reisen. Hinzu kam noch ein Vor-Qualifikationsturnier auf Tonga. Eine Reise nach Samoa musste ich leider wegen eines Terminkonflikts absagen…
Was war das für ein Gefühl?
Obwohl das Niveau natürlich auf keinen Fall mit Europa zu vergleichen ist, war es ein tolles Erlebnis zur FIFA-Hymne ins Stadion einzulaufen. In Vanuatu, wo ich zweimal war, war das Stadion immer ausverkauft. Neben den gut 13000 Zuschauern im Stadion haben noch einige hundert Leute das Spiel von den Dächern und Baumen neben dem Stadion verfolgt. Da gab es schon etwas Gänsehaut.
Wo lagen die Unterschiede zwischen Neuseeland und dem DFB?
Das ist schwer zu beurteilen da ich nie wirklich im DFB Bereich aktiv war. Die Ligen sind etwas anders strukturiert als in Deutschland. Es gibt eine „National League“ – die höchste Spielklasse –, der eine fest Anzahl von Vereinen angehört. Auf- und Abstieg im klassischen Sinne gab es nicht. Der Amateur-Bereich war aber so organisiert wie ich es aus Deutschland kannte (mit Auf- und Absteigern). Was mir direkt aufgefallen ist, obwohl Fußball in Neuseeland natürlich einen anderen Stellenwert hat (in der National League gibt es selten mehr als 1000 Zuschauer), war das Schiedsrichterwesen sehr professionell organisiert. Während der Saison gab es ein bis zwei gemeinsame Trainingseinheiten pro Woche und wir mussten die Leistungsprüfung jeden zweiten Monat absolvieren, ansonsten wurden wir nicht mehr eingesetzt. Es gab auch detaillierte Trainingspläne, denen wir zu folgen hatten. Es war schon beeindruckend zu sehen wieviel Zeit und Mühe gerade die Schiedsrichter investiert haben, die auch international unterwegs waren; und das bei einer deutlich geringeren finanziellen Entschädigung als im DFB-Bereich.
Was mir auch neu war: Nach jedem Spiel mussten wir einen eigenen Bericht einreichen, in dem wir unsere eigene Leistung kritisch aufarbeiten sollten. Obwohl das natürlich immer dazu gehört, hat es durchaus geholfen einen strukturierten Prozess zu haben der die Aufarbeitung zur Routine gemacht hat. Interessanterweise wurden wir auch von den Vereinen nach jedem Spiel bewertet. Obwohl die Bewertung natürlich nicht ausschlaggebend war, gab es schon Fällen in denen diese Bewertungen auch aufgearbeitet wurden.
Mir ist auch relativ schnell aufgefallen dass deutlich mehr Wert auf die Kommunikation zwischen Schiedsrichter und Spielern auf und neben dem Platz gelegt wird. Ansonsten wurde auch schon viel mit Video-Material gearbeitet. In der Regelumsetzung gab es keine großen Unterschiede, nur dass eigentlich immer direkt den FIFA-Anweisungen gefolgt wurde und es keine eigene Auslegung der Anweisungen gab.
Dein SR-Highlight?
Da gab es einige… Neben den Einsätzen in der Champions League und einigen TV-Spielen in der „National League“ wurde ich zum Beispiel auch einmal mit der Leitung des nationalen Pokalfinales betraut. In Erinnerung geblieben ist mir auch ein Einsatz als 4.Offizieller bei einem Spiel Neuseelands gegen Jordanien oder als Schiedsrichter eines Trainingsspiels der „All Whites“ kurz vor der Abreise zur WM 2010 nach Südafrika.
Was willst Du Deinen Schiedsrichterkameraden in der alten Heimat mitgeben?
Ich denke die wissen schon selbst was sie tun müssen :-) Aber der Tapetenwechsel und sich aufs Neue beweisen zu müssen hatte mir damals wirklich gut getan. Drei Dinge sind mir dabei aufgefallen: (1) Was mir klar wurde war, dass man viel selbstkritischer mit seinen eigenen Leistungen umgehen sollte. Fehler habe ich fast immer bei anderen (z.B. Beobachtern) gesucht, aber oft waren es wirklich Punkte an denen ich hätte arbeiten sollen. (2) Die Spieleinteiler werden es nicht gerne hören, aber man sollte nicht zu viele Spiele machen ansonsten schleppt man sich nur noch von Spiel zu Spiele; ohne die Zeit zu haben das Spiel aufzuarbeiten und zu reflektieren. (3) Die Kommunikation mit Spielern ist wichtig, ich habe das immer unterschätzt. Klar, man muss sich nicht anbrüllen lassen, aber man kann viel erreichen wenn man auch Spielern gegenüber Respekt zeigt und bis zu einem gewissen Grad versucht auf sie einzugehen während dem Spiel. Das Wichtigste ist aber dass man die Freude am Hobby nicht verliert!
Vielen Dank für das Interview.
Ich habe 2009 Südbaden in Richtung Neuseeland verlassen. Dort habe ich insgesamt 6 Jahre verbracht (Studium), bevor es mich 2014 wieder nach Europa verschlagen hat. Jetzt arbeite und wohne ich in Rotterdam bei unseren niederländischen Nachbarn. Seit meiner Rückkehr nach Europa bin ich nicht mehr als Schiedsrichter aktiv, sondern verfolge das Geschehen nur noch vorm Fernseher.
Und was machst Du beruflich?
Ich arbeite an der Erasmus Universität in Rotterdam, wo ich die neue Generation an Studenten im Fach BWL unterhalte…
Hast Du noch Kontakt in die alte Heimat?
Leider nicht mehr so viel, da ich nicht so oft zu Besuch in die Heimat komme. Aber ich bin noch in mehr oder weniger regelmäßigem Kontakt mit dem ein oder anderen aus der Heimat.
Und wie war das mit der Champions-League in Ozeanien?
Ich war doch sehr positiv überrascht wie ich von den Schiedsrichtern und den Offiziellen in Neuseeland aufgenommen wurde. So hatte ich zum Beispiel das Glück dass ich während meiner Zeit in Neuseeland insgesamt vier Champions-League Spiele in Ozeanien leiten durfte. Im Rahmen dieser Ansetzungen durfte ich nach Vanuatu, Fidschi, und Tahiti reisen. Hinzu kam noch ein Vor-Qualifikationsturnier auf Tonga. Eine Reise nach Samoa musste ich leider wegen eines Terminkonflikts absagen…
Was war das für ein Gefühl?
Obwohl das Niveau natürlich auf keinen Fall mit Europa zu vergleichen ist, war es ein tolles Erlebnis zur FIFA-Hymne ins Stadion einzulaufen. In Vanuatu, wo ich zweimal war, war das Stadion immer ausverkauft. Neben den gut 13000 Zuschauern im Stadion haben noch einige hundert Leute das Spiel von den Dächern und Baumen neben dem Stadion verfolgt. Da gab es schon etwas Gänsehaut.
Wo lagen die Unterschiede zwischen Neuseeland und dem DFB?
Das ist schwer zu beurteilen da ich nie wirklich im DFB Bereich aktiv war. Die Ligen sind etwas anders strukturiert als in Deutschland. Es gibt eine „National League“ – die höchste Spielklasse –, der eine fest Anzahl von Vereinen angehört. Auf- und Abstieg im klassischen Sinne gab es nicht. Der Amateur-Bereich war aber so organisiert wie ich es aus Deutschland kannte (mit Auf- und Absteigern). Was mir direkt aufgefallen ist, obwohl Fußball in Neuseeland natürlich einen anderen Stellenwert hat (in der National League gibt es selten mehr als 1000 Zuschauer), war das Schiedsrichterwesen sehr professionell organisiert. Während der Saison gab es ein bis zwei gemeinsame Trainingseinheiten pro Woche und wir mussten die Leistungsprüfung jeden zweiten Monat absolvieren, ansonsten wurden wir nicht mehr eingesetzt. Es gab auch detaillierte Trainingspläne, denen wir zu folgen hatten. Es war schon beeindruckend zu sehen wieviel Zeit und Mühe gerade die Schiedsrichter investiert haben, die auch international unterwegs waren; und das bei einer deutlich geringeren finanziellen Entschädigung als im DFB-Bereich.
Was mir auch neu war: Nach jedem Spiel mussten wir einen eigenen Bericht einreichen, in dem wir unsere eigene Leistung kritisch aufarbeiten sollten. Obwohl das natürlich immer dazu gehört, hat es durchaus geholfen einen strukturierten Prozess zu haben der die Aufarbeitung zur Routine gemacht hat. Interessanterweise wurden wir auch von den Vereinen nach jedem Spiel bewertet. Obwohl die Bewertung natürlich nicht ausschlaggebend war, gab es schon Fällen in denen diese Bewertungen auch aufgearbeitet wurden.
Mir ist auch relativ schnell aufgefallen dass deutlich mehr Wert auf die Kommunikation zwischen Schiedsrichter und Spielern auf und neben dem Platz gelegt wird. Ansonsten wurde auch schon viel mit Video-Material gearbeitet. In der Regelumsetzung gab es keine großen Unterschiede, nur dass eigentlich immer direkt den FIFA-Anweisungen gefolgt wurde und es keine eigene Auslegung der Anweisungen gab.
Dein SR-Highlight?
Da gab es einige… Neben den Einsätzen in der Champions League und einigen TV-Spielen in der „National League“ wurde ich zum Beispiel auch einmal mit der Leitung des nationalen Pokalfinales betraut. In Erinnerung geblieben ist mir auch ein Einsatz als 4.Offizieller bei einem Spiel Neuseelands gegen Jordanien oder als Schiedsrichter eines Trainingsspiels der „All Whites“ kurz vor der Abreise zur WM 2010 nach Südafrika.
Was willst Du Deinen Schiedsrichterkameraden in der alten Heimat mitgeben?
Ich denke die wissen schon selbst was sie tun müssen :-) Aber der Tapetenwechsel und sich aufs Neue beweisen zu müssen hatte mir damals wirklich gut getan. Drei Dinge sind mir dabei aufgefallen: (1) Was mir klar wurde war, dass man viel selbstkritischer mit seinen eigenen Leistungen umgehen sollte. Fehler habe ich fast immer bei anderen (z.B. Beobachtern) gesucht, aber oft waren es wirklich Punkte an denen ich hätte arbeiten sollen. (2) Die Spieleinteiler werden es nicht gerne hören, aber man sollte nicht zu viele Spiele machen ansonsten schleppt man sich nur noch von Spiel zu Spiele; ohne die Zeit zu haben das Spiel aufzuarbeiten und zu reflektieren. (3) Die Kommunikation mit Spielern ist wichtig, ich habe das immer unterschätzt. Klar, man muss sich nicht anbrüllen lassen, aber man kann viel erreichen wenn man auch Spielern gegenüber Respekt zeigt und bis zu einem gewissen Grad versucht auf sie einzugehen während dem Spiel. Das Wichtigste ist aber dass man die Freude am Hobby nicht verliert!
Vielen Dank für das Interview.
Nachrichtenart:
Schiedsrichterausschuss (VSA)
SR-Allgemein
Steffen Fante / © SBFV